Wie es sich für eine echte Weltreise gehört, kommen auch wir eines Tages in den Genuss des Phänomens, welches schon damals Phileas Fogg den Kragen rettete: die Datumsgrenze. Wenn wir frech wären, könnten wir nun behaupten, wir seien 1 Tag weniger gealtert, als ihr alle. Aber das stimmt natürlich nicht ganz, denn wir haben letztlich nur die Zeit, die wir in den letzten Monaten mühsam eingebüßt haben, wieder geballt zurückbekommen.
Wir befinden uns in Sydney. Es ist der Morgen des vierten Tages unseres kurzen Transitaufenthaltes in Australien. Wir packen unsere Sachen, checken aus und können unser Gepäck im Keller unterstellen. „Da hinten bei den Farbeimern“ – kann man leider nicht erkennen ohne Licht, aber bei dem ganzen Gerümpel hier, fällt es sowieso nicht auf, wenn noch etwas mehr da steht. Die Sonne scheint und wir flanieren die letzten Stunden durch in der Stadt – eine Mischung aus American Lifestyle, British Chic und einem Hauch von Strandatmosphäre, die sich über die ganze Stadt zu legen scheint. Mit unseren Badelatschen fallen wir praktisch kaum auf, selbst wenn wir durch das Bankenviertel spazieren.
Am Nachmittag holen wir unser Gepäck wieder ab und schleppen uns, zu geizig für ein Taxi, die 3km zum Bahnhof. 25€ später bringt uns die Bahn in knappen 15 min zum Flughafen. Alles geht sehr entspannt zu. Das erste mal, seit langem wieder, starren die Sicherheitsbeamten beim Gepäckdurchleuchten auch wirklich auf die Röntgenbilder und finden natürlich promt unsere Wasserflasche. Zum Vergnügen der Umstehenden trinken wir sie vor den Sicherheitsbeamten komplett aus und schlendern zu unserem Gate. Der Flug scheint Verspätung zu haben, sodass wir den Sonnenuntergang nun durch die großen Scheiben der Wartehalle verfolgen, anstatt beim Starten des Flugzeuges. Es liegen nun 14h Flug vor uns. Um sicherzugehen, kaufen wir doch noch die teuerste Flasche Wasser der ganzen bisherigen Reise (nicht dass wir im Flugzeug noch verdursten müssen) und steigen schließlich ein. Kaum hat das Flugzeug abgehoben, bricht bei unserem Nebensitzer die Rückenlehne ein. Etwas cholerisch hantiert er an der Mechanik herum, bis er schließlich blutrot vor Wut resigniert. Feinfühlig verkneifen wir uns unsere Kommentare und stellen uns schlafend. Sich „tot“ stellen hat sich auch in anderen Situationen schon als hilfreich herausgestellt.
Wie wir uns immer freuen, wenn wir etwas „umsonst“ bekommen, klappen wir beschwingt unsere Tischchen runter, als das Essen serviert wird. Und da wir nach Argentinien fliegen, und Argentinien anscheinend ein großes Weinreservoir hat, gibt es sogar einen Vino Tinto zu unserem Stück Fleisch. Der Mann hinter uns kann es auch kaum fassen und bestellt gleich noch einen, nachdem er den ersten anscheinend im Rekordtempo in seinen Rachen gekippt hat. Das gute ist, dank dem Wein kann man danach gute 5h durchschlafen, was schon einen Großteil der Reisezeit ausmacht. Schade daran ist, dass wir damit dann auch das eigentliche Event, worum es hier gerade geht, verschlafen haben.
Um 00:00 Uhr dreht sich das Datumsrädchen unserer Armbanduhr wie jeden normalen Tag um eine Ziffer weiter. Keine 3 Stunden später erreichen wir die Datumsgrenze, und plötzlich schreiben wir wieder den 21. November, statt den 22. Kurz darauf geht die Sonne für uns zum zweiten Male an diesem Tage auf. Welch magischer Moment! Ganz zum Missfallen unserer Mitreisenden, denn prompt werden alle Visiere nach unten geklappt. – Ist ja auch gar nicht so gesund, so viel Sonne… – Wir sitzen leider in der Mitte des Flugzeuges, sodass uns keine andere Wahl bleibt, als uns dem Empfinden aller anderen zu beugen. – Lichtbanausen! – Also versuchen auch wir wieder weiterzuschlafen. Im Augenwinkel sehen wir unseren Nachbarn hektisch ein riesiges Geldbündel von seinem Rucksack in seine Bauchtasche stopfen.. Da wäre ich auch nervös, wenn ich mit so viel Geld rumlaufen würde…
Ein paar Stunden später ertönt die sanfte Stimme der Stewardess, dass sie jetzt bereit seien das Frühstück zu servieren. Es gibt Fleisch mit Brötchen. Grandios!
Um genau 19:55, fast dieselbe Zeit zu der wir in Sydney ins Flugzeug gestiegen sind, landet unsere Maschine wieder sicher auf dem Boden. Beim Security Check im Flughafen werden wir leider gezwungen unseren Reiseproviant in Form von 2 Äpfeln und einem Stück Käse abzugeben. – Stimmt ja, auf den anderen Inseln durfte man das auch nie einführen…-
Mit Händen und Füßen können wir der Verkäuferin am Bushäuschen klarmachen, wo wir hinmöchten und sitzen eine kleine Weile später im Bus Richtung Innenstadt. Am Busbahnhof wird man in 4er Gruppen auf Taxis verteilt, die einen dann bis zur gewünschten Adresse bringen. (Eigentlich gar nicht so schlecht, dieses System.) Der erste steigt aus und wir fahren gerade wieder auf die Hauptstraße auf, als plötzlich hinten die Klappe aufgeht, und unser gesamtes Gepäck auf der Straße verteilt wird. Seelenruhig steigt der Taxifahrer aus, sammelt die Rucksäcke wieder ein und schließt die Türe. – Scheint nicht so ungewöhnlich zu sein, dass so etwas hier passiert. Wenigstens ist nicht direkt ein Lastwagen über das Gepäck gefahren, das wäre dann etwas ungünstiger gewesen. –
So geht es gemächlich weiter, bis wir schließlich 4h nach Landung vor der Tür unserer Wohngemeinschaft stehen. Kaum eingetreten, lernen wir schon die ersten 3 unserer 6 Mitbewohner kennen und können unser Zimmer beziehen. Ein angenehmer Ort, an dem wir 2,5 Wochen verweilen dürfen. Kurze Zeit später bricht für uns zum zweiten Mal der 22. November an und wir schlafen erschöpft ein.